Bundesweit erstes MoU für schnelleren Netzausbau und Energiewende
MÜNCHEN Um die heimischen Energiequellen, im Freistaat vor allem Solarenergie, schneller an das Stromnetz anzuschließen, haben sich alle Akteure mit einem deutschlandweit einzigartigen Memorandum of Understanding (MoU) dazu verpflichtet, Genehmigungs- und Bearbeitungsprozesse deutlich zu vereinfachen und damit wesentlich zu beschleunigen.
Die derzeit hohe Dynamik beim Ausbau regenerativer Erzeugungsanlagen führt aktuell zu teils langen Wartezeiten bis zum Anschluss der Anlagen an das Stromnetz. Für die Erreichung der ehrgeizigen bayerischen Klimaziele muss das Ausbautempo der regenerativen Stromerzeugung gegenüber heute jedoch noch weiter gesteigert werden.
„Wir haben Sonnenschein, Flächen und Investoren für den raschen Ausbau der Solaranlagen. Auch für den weiteren Ausbau der Windenergie in Bayern stehen geeignete Standorte zur Verfügung. Jetzt müssen wir diesen heimischen Strom so schnell wie möglich ins Netz bringen“, erklärte Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger. Dafür hat der Staatsminister alle Akteure an einen Tisch geholt: Netzbetreiber und deren Verband, die kommunalen Spitzenverbände, Bayerischer Bauernverband, die Verbände der Solar-, und Windenergie sowie der Verband kommunaler Unternehmen und Genossenschaftsverband Bayern.
Aiwanger: „Bei den Netzbetreibern liegen Stand heute so viele Anträge auf Netzanschluss einer Solaranlage zur Bearbeitung wie bisher im vergangenen Jahrzehnt insgesamt genehmigt wurden. Allein dies macht deutlich, dass wir den Ausbau des Verteilnetzes sehr zügig auf ein völlig neues Niveau heben müssen.“ Mit dem MoU bekennen sich die Unterzeichner zur Notwendigkeit von Stromnetzertüchtigung und –ausbau. Diese sind zwingende Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. „Daher sollte der Verteilnetzausbau auf allen Spannungsebenen – nicht nur wie bisher auf der Hochspannungsebene – gesetzlich im überragenden öffentlichen Interesse liegen.“
Das MoU umfasst alle Handlungsfelder für einen schnelleren Netzanschluss der erneuerbaren Energien.
- Die Maßnahmen für den Netzausbau werden bei Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden mit Priorität behandelt. Sie sorgen für die kontinuierliche Bearbeitung durch Fachpersonal. Das Wirtschaftsministerium setzt sich für ausreichende Personalkapazitäten bei Landratsämtern, Naturschutzbehörden etc. ein.
- Die Vorhabenträger entwickeln Lösungsansätze, wie Probleme mit Eigentümern, Bewirtschaftern, Kommunen und Verbänden bereits vor dem Genehmigungsverfahren ausgeräumt werden.
- Doppelanmeldungen von Anlagen bei verschiedenen Netzbetreibern werden künftig vermieden.
- Von entscheidender Bedeutung für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Bereitstellung geeigneter Flächen. In einem weiteren, intensiven Austausch erarbeiten die beteiligten Organisationen konstruktive Lösungen für eine sachgerechte Steuerung sowohl der kommunalen Flächenausweisung wie auch der Netzausbauplanung.
- Netzdienliche Flexibilitäten wie Batteriespeicher und Elektrolyseure sollen stärker als bisher genutzt werden.
Dr. Egon Westphal, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, sprach bei der Unterzeichnung des MoU aus Sicht aller beteiligten Netzbetreiber von einem wichtigen Etappenziel und einem bayerischen Meilenstein. Mit der Vereinbarung sei eine gemeinsame Grundlage geschaffen, wie in Bayern der notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien-Anlagen und deren Integration ins Stromnetz gelingen wird. Ziel sei die Klimaneutralität des Freistaats bis 2040. „Bayern nimmt eine Vorreiterrolle ein und setzt ein Signal. Wir legen jetzt den Fokus auf die Umsetzung und Gestaltung der Energiezukunft. Wir packen an, was wir in Bayern konkret machen können. Und das ist viel“, sagte Egon Westphal. Der Bayernwerk-Chef sieht die Verteilnetze im Mittelpunkt der Transformation des Energiesystems. Aus Sicht der bayerischen Verteilnetzbetreiber dürfen aber nicht nur die Erneuerbaren Energien entfesselt werden, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck es formuliert, sondern gleichzeitig müssen auch die Energienetze entfesselt werden. Stellvertretend für alle am MoU beteiligten Netzbetreiber forderte Egon Westphal eine massive Entbürokratisierung und einfachere Anschlussregeln, um die steigende Zahl an Anfragen bewältigen zu können. „In ganz Bayern sind etwa 700.000 PV-Anlagen mit 16.000 Megawatt Leistung ans Stromnetz angeschlossen. Die Zahl und die Größe der Erneuerbaren Energien-Anlagen wächst stetig. Bis 2030 soll sich die installierte PV-Leistung verdreifachen“, beschrieb er den Anschlussboom. Neben Speichern und Flexibilitätsoptionen sei klassischer Netzausbau mit schnelleren Genehmigungsverfahren erforderlich, um langfristig grünen und dezentral erzeugten Strom vollständig im Netz aufnehmen und verteilen zu können.
Jörg Ebel, Bundesverband Solarwirtschaft: „Die Versorgung mit Grünstrom ist unverzichtbar für den Fortbestand des Industriestandorts Bayern. Deswegen ist es gut, dass wir heute gemeinsam beginnen, die größten Ausbauhemmnisse abzuräumen. Mit dem Memorandum of Understanding schaffen wir die Grundlage für einen Prozess, an dessen Ende der Grünstromausbau gesichert sein kann.“
Bauernpräsident Walter Heidl: „Noch vor 100 Jahren wurden 30 Prozent der Anbau-Fläche für Energie, nämlich das Futter der Zugtiere, gebraucht. Heute haben zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe die erneuerbaren Energien als ein Standbein für ihre Betriebe entdeckt. Sie generieren damit Wertschöpfung in und für den ländlichen Raum. Ihr Potential ist dabei noch lange nicht ausgeschöpft. In Bayern werden aktuell 17 Prozent der Nutzfläche für nachwachsende Rohstoffe genutzt. Damit das volle Potential der Landwirtschaft bei der Energieerzeugung zum Tragen kommen kann, ist ein weiterer Ausbau des jetzigen Verteilnetzes und der digitalen Steuerungsmöglichkeiten unbedingt notwendig. Dieser Ausbau muss gut koordiniert werden, damit er nicht zu Verwerfungen führt. Landwirtschaftliche Nutzflächen müssen wo immer möglich geschont werden. Und wir brauchen einen fairen Interessenausgleich für Grundeigentümer und Bewirtschafter.“
Erdings Oberbürgermeister Max Gotz als Sprecher für die drei kommunalen Spitzenverbände: „Freistaat und Kommunen dürfen sich nicht entkoppeln: Die kommunale Planungshoheit ist mindestens so schützenswert wie die staatliche Handlungsnotwendigkeit und dennoch, Gründlichkeit muss trotz aller Notlagen vor Geschwindigkeit gehen: respice finem!“
Hier können Sie das gesamte Memorandum of Understanding nachlesen: www.stmwi.bayern.de/energie/energiewende/initiative-verteilnetz/
Bilder können auf Anfrage unter pressestelle@stmwi.bayern.de ab 16 Uhr zur Verfügung gestellt werden.
Ansprechpartnerin:
Katrin Nikolaus,
stellv. Pressesprecherin
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